Freitag, 11. Dezember 2009

Freudige Sendepause


 
Mit einem kleinen Brusttrommeln  à la KingKong nehmen wir Abschied und  schon nach dreitägigen Irrungen durch die Afrikanischen Rückreiseprozedere treffen John und ich direkt auf das pralle Leben: Vollsperrung auf der Autobahn. Die Holländer bauen noch wahnsinniger als wir und so ziehen sich die letzten Kilometer von Amsterdam doch erheblich. Eine schöne, wenn auch von vielen kleinen und grossen Hindernissen geprägte Tour ist vorbei. Und jetzt? Entgegen der ursprünglichen Planung verbringen wir Neujahr Zuhause; erst Anfang Januar geht es wieder los: Panama und Patagonien. Dazu mehr in den nächsten Tagen. Ebenfalls in den nächsten Tagen gibt es die Fotos aus Afrika - wir sortieren noch... Übrigens wird unsere Sendepause mit einem breiten Lächeln eingeläutet: die ersten drei Folgen sind mit großem Erfolg gelaufen.

Samstag, 5. Dezember 2009

Trübe Aussichten


Weil das mit dem frühen aufstehen langweilig geworden ist, gehen wir neuerdings gar nicht mehr schlafen. Der geplante Abflug um 02.30Uhr findet nicht statt: Bodennebel. Leider verbringen wir die nächsten Stunden auf der Rollbahn und dürfen den Flieger nicht verlassen. Die interessanten Ausdünstungen der Reisenden macht den Aufenthalt an Bord zu einem kleinen Abenteuer. Um 07.00 hat der Pilot ein Einsehen und entlässt uns an die frische Luft. Dirk freut sich besonders: er hat Geburtstag. Happy Birthday in Kigali... Ganz schön trübe Aussichten!

Freitag, 4. Dezember 2009

Meister Proper

Unsere Zeit in Ruanda neigt sich dem Ende zu - wir bewegen uns zügig Richtung Flughafen. Eine etwas skurrile Fahrt: Van Morrison und Frank Sinatra dröhnen aus dem Lautsprecher. Dabei gleiten wir vorbei an Tee- und Reisfeldern, alles schön ordentlich symmetrisch angelegt. Überhaupt fällt die Sauberkeit ins Auge. Kein Dreck trübt die Blicke, selbst der Lehmboden vor den Hütten wird gefegt - und zwar regelmässig: jeden letzten Samstag im Monat wird geputzt. Das ganze Land muss ran, ausnahmslos wird bis in die letzten Winkel geputzt. So sehr wir uns hier auch wohlfühlen: ich freue mich auf die heimatliche Winterzeit...und auf meine beiden Mädels - solange ich nicht am nächsten Samstag putzen muß...

Der Doktor und das liebe Vieh


Natürlich klingelt auch in Ruanda der Wecker bereits um 04.30Uhr. Mittlerweile haben wir uns aber so an das frühe Aufstehen gewöhnt, dass selbst Iris morgendlicher - liebevoll gemeinter - Redeschwall nahezu spurlos an uns vorüberzieht. Wir pumpen uns mit entspannter Mine einen Espresso und denken an unser Tagesprogramm: Giraffenjagd. Nein, nicht zum Spaß und auch nicht für den Metzger. Ein junger Giraffenbulle ist erkrankt und muß für die Untersuchung betäubt werden - eine seltene Aktion. Selbst erfahrene Tierärzte gehen mit grösster Vorsicht vor, denn jedes dritte Tier stirbt während der Betäubung. So herrscht an diesem Vormittag spürbare Anspannung im gesamten Team, eine Menge Fragezeichen erwarten uns. Wir begleiten den Doc, der das Fahrzeug in Position bringen lässt und sein Druckluftgewehr vorbereitet. 100.000fach stärker als Heroin und das bei gerade einmal 80$ pro Schuss - da wird wird sicher auch Amy Winehouse nervös. Zunächst verläuft alles nach Plan, bereits der erste Schuss ist ein Volltreffer. Für einen Moment erwarten wir eine reibungslose Aktion, aber dann dreht der Giraffenbulle durch. Er ist vollkommen breit und galoppiert schwankend wie ein junges Rennpferd davon, bis er ausgerechnet in einem Dornenbuschfeld zusammenbricht.

Hektik bricht aus, denn jede Sekunde zählt: der Bulle schwebt in Lebensgefahr. Sein Blutdruck übersteigt den unsrigen um das 3,5fache und der Kopf muss so schnell wie möglich auf Höhe gebracht werden, sonst droht ein Schlaganfall. Die Dornenbüsche machen die Arbeit fast unmöglich und die Anweisungen des Docs werden zunehmend lauter, denn für Blutabnahme und Untersuchung bleiben gerade einmal zehn Minuten. Ich tanze schwitzend und schwer atmend mit der Steadicam durch das Geschehen, mit Adrenalin bis in die Haarspitzen - die ausgeprägte Fotografierlust der örtlichen Mitarbeiter hatten wir nicht auf der Rechnung. Iris agiert als Räumkommando und geht auf die Paparazzi los, wie der Pinkelprinz in seinen besten Tagen. Und dann geht alles ganz schnell: der Bulle richtet sich sichtbar benommen auf und alle rennen wie die Hasen - ein Kick des Paarhufers kann schließlich tödlich sein. Erst als sich das Tier in gebührendem Abstand befindet, atmen wir alle erleichtert durch: das war sportliche Höchstleistung in Reinkultur und die letzten Bundesjugendspiele sind schließlich schon eine ganze Weile her.

Position:Ruanda

Dienstag, 1. Dezember 2009

Fuzis Arschbombe



Zwei Schritte vor und einer zurück - nur im Schneckentempo geht es voran und schon nach ein paar Metern im Regenwald ist klar: das Leben ist kein Ponyhof. Der Regen der vergangenen Tage hat den Boden aufgeweicht und unsere Suche nach den Gorillas entwickelt sich zu einer ausgewachsenen Rutschpartie. Mal ganz davon abgesehen, das wir hier auf 2700m unterwegs sind - BERGgorillas halt. Es gibt keine Wege, der Mann mit der Machete bahnt uns einen Pfad durch die dichtbewachsenen Berghänge - wir folgen der Spur einer Gruppe Gorillas, die am Abend zuvor gesichtet wurde. Hier und da kommt uns ein lustiges Sprüchlein über die Lippen, leises Lachen, die Stimmung ist entspannt - noch. Die Luft riecht nach Regen, sattem Grün und nach... Schweiß. Der läuft nämlich in Strömen und mein Pulsschlag trommelt in beeindruckendem Tempo. Immer wieder rutschen wir aus, schon nach kurzer Zeit sind wir völlig verdreckt. Und das, obwohl wir tatkräftig von mehreren Trägern unterstützt werden - ohne sie wäre dieser Marsch wohl unmöglich. Aus weiter Ferne, wie durch einen Tunnel dringt ein gekeuchtes: "50% ist Kopfarbeit..." in meinen von Fliegen umschwirrten Gehörgang vor (nebenbei bemerkt macht man sich mit solchen Sprüchen keine Freunde...). Plattgedrückte Büsche und Gorillakacke (ist übrigens groß, rutschig und stinkt gewaltig) zeigen uns, das wir auf dem richtigen "Weg" sind. Und dann ist es soweit: nach 2 Stunden hören wir nicht nur leises Grunzen, sondern entdecken einige Tiere am gegenüberliegenden Hang, etwa 80 Meter entfernt. Wir bereiten die Kamera vor, lassen die Träger zurück und machen uns in einer kleinen 5er-Truppe - der auch Martha Robbins, die weltweit führende Berggorilla-Forscherin angehört - auf den Weg. Urplötzlich und unabsichtlich befinden wir uns mitten in der Gorillagruppe. Dabei können wir sie nicht einmal sehen, der Wald ist einfach zu dicht. Überall werden aus dem Nichts Büsche und Äste umgeknickt, hier und da sehen wir kurz eine Hand, laut und deutlich vernehmen wir Blähungen (kein Wunder bei 6Kg Grünzeug täglich). Aber dabei bleibt es dann doch nicht: unmittelbar neben uns klettern 2 Berggorillas samt Nachwuchs auf einen Baum und beginnen tiefenentspannt zu fressen. Ihre Entspannung hat einen Namen...Rukina. Der Silberrücken ist der Chef der Gruppe, liegt gut versteckt hinter einem Busch und lässt uns seine Grösse bloß erahnen - bis er sich ganz langsam bewegt und aus dem Gebüsch kommt. Er würdigt uns keines Blickes, kann sich unseres Respektes aber absolut sicher sein: der riesige, muskulöse Körper bewegt sich mit beeindruckender, vollkommener Eleganz. Automatisch halte ich die Luft an, aber innerhalb von Sekunden ist das Schauspiel schon wieder vorbei und Rukina verschwindet aus unserem Blickfeld. Die Dreharbeiten sind extrem anstrengend, eigentlich sollen wir eine Distanz von etwa 7 Metern einhalten - bloß, wer erklärt das den Gorillas? Immer wieder halten wir uns mitten in der Gruppe auf, selbst wenn wir versuchen sie weiträumig zu umlaufen.

Aber dann treffen wir auf Fuzi, einen etwa 10jährigen Schwarzrücken... Oder besser gesagt, er auf uns. Er kommt aus einem Busch, sondiert die Lage und schlendert gemütlich in bester Schwarzenegger-Manier auf uns zu. Ein kontrollierter Rückzug ist nicht mehr möglich - keine 2 Meter vor der Kamera bleibt er stehen, betrachtet uns in Seelenruhe. Und wir ihn...wenn auch nicht ganz so ruhig, schließlich könnte der Kollege locker zwei Kleinwagen heben. Entspannt trottet er auf allen Vieren weiter an uns vorbei, aber nicht spurlos an mir vorüber: ein Freudentröpchen löst sich und ein Blick in die Gesichter der anderen zeigt mir, dass es ihnen genauso geht. Seine Attacke dagegen kommt aus dem Nichts und trifft unseren wissenschaftlichen Begleiter Gart, dem er fast schon beiläufig mit einem unerwartet schnellen Ausfallschritt sein Hinterteil in die Beine drückt und ihn mit dieser Arschbombe zu Boden wirft: "Der will nur spielen", sagt Martha und ich bin ein kleines bißchen froh, dass ich nicht Fuzis neuer Spielkamerad bin.