Sonntag, 27. Januar 2013

Himmel & Hölle






Der Lärm des Hubschraubers ist gewaltig, auf ein paar Felsbrocken balanciert Raúl sein Arbeitsgerät - es sind nur wenige Meter bis zum Kraterrand des Villarrica, dem aktivsten Vulkan Chiles. Wir wollen uns gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn einer dieser Steine wegrutschen würde. Auf knapp 3000m entladen wir unser Dienstfahrzeug in demutsvoller Haltung, hocken uns in den Dreck und müssen mit ansehen, wie Raúl die Fliege macht - immerhin hat er versprochen, uns in zwei Stunden wieder abzuholen. Langsam kehrt Ruhe ein, der Staub legt sich, aber der Gestank aus dem Krater ist gewaltig. Stellenweise ist das Atmen fast unmöglich, dazu kommt die dünne Höhenluft - Downsizing im Bereich der Bewegungsmotorik. Extrem lockeres Geröll erschwert das Laufen und das Ablegen von Ausrüstungsgegenständen wird zu einem gewagten Unterfangen. Kurz gesagt: keine idealen Arbeitsbedingungen. Aber was für ein Anblick. Schon beim Anflug macht sich Begeisterung breit.




Jetzt, hier oben am Kraterrand, kommt die Konzentration dazu - zwei Stunden im Leben eines Filmteams - das ist wirklich nicht viel. Wir müssen Gas geben, erkunden das Terrain. Nur wenige Meter vom Landeplatz entfernt bauen wir die Kamera auf, leider im rutschigen Hang. Und erst der Blick in den Krater - so stellt man sich den Höllenschlund vor.




Bei allem Fokus auf den Job, dieser Moment ist wieder mal sehr speziell. Einsam und verlassen auf einem Kraterrand mit Schwefelgasen in den Lungen und Freude in den Augen. Der letzte Ausbruch des Villarrica liegt schon eine Weile zurück, aber seitdem wird er mit Argusaugen beobachtet. Seine Zerstörungskraft wäre gewaltig - die Lage, verbunden mit sehr steilen Hängen und großen Eismassen machen ihn so gefährlich. Und so erleben wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge Raúls Verlässlichkeit. Als er den Helikopter vorsichtig aufsetzt, spüren wir den Staub überall. In jede Ritze dringt er vor, wird Ausrüstungsteile noch Tage später knirschen lassen und die abendliche Dusche wird zu einem ausgedehnten Waschgang. Final noch ein paar Runden mit geöffneter Tür um den Vulkan herum und dann ab nach Hause - die Reinigungsmaschinerie erwartet




uns. Ein würdiger Abschluss einer Bilderbuch-Reise: Team Chile meldet sich ab. Knappe drei Tage Rückreise liegen vor und viele intensive Momente hinter uns. Viel Zeit zum Durchatmen bleibt aber nicht - in weniger als drei Wochen geht es weiter nach Kenia und Uganda.

Samstag, 19. Januar 2013

Türme des blauen Himmels






Da ist es wieder, dieses eigenartig vertraute Gefühl. Unterwegs. Fluggeräte, Busse und Wasserfahrzeuge jeglicher Art. Unsere Fortbewegungsmittel ändern sich manchmal stündlich und doch bilden sie eine große Konstante im Team-Alltag. Denn am Ende der Bewegung steht die Annäherung, das Ankommen, der Touchdown. Normalerweise. Doch hier ist vieles anders - in Torres del Paine, den Türmen des blauen Himmels - ist der Weg das Ziel. Immer weiter will man sich bewegen, von einem grandiosen Ausblick zum nächsten. Hinter jeder Kurve der staubigen, sich durch das Gebirge schraubenden Piste stockt der Atem, der Teambus füllt sich mit beeindrucktem und beeindruckendem Schweigen. Die Fahrt mit dem Schlauchboot durch die Eisberge des Lago Grey gerät zu einem visuellen Spektakel - meine Sinnesorgane genießen die Augenweide in vollen Zügen und heben die Mundwinkel zu einem Dauergrinsen an. Klaglos akzeptiere ich das Ende der Nachtruhe um 05.00 Uhr in der Frühe - was die Natur hier




geschaffen hat, ist einfach nur grandios. Das Beste daran: kein Handy, kein Internet stören die Kulisse. Das ausgerechnet ich das mal sagen würde, lag für mich immer im Bereich des Unmöglichen. Mit unserer Arbeit kommen wir folglich geschmeidig voran, auch wenn der ein oder andere hiesige Kollege




nicht wirklich verstehen kann, warum wir in dieser wunderschönen Landschaft Felsen mit einem grünen Tuch abdecken. Unsere Erklärungsversuche werden mit einem milden Lächeln quittiert - das wir an diesem Ort Computeranimationen vorbereiten, erscheint nur dem Team des ZDF sinnvoll. Lediglich der brutale Verlust meines Fotoapparates erfüllt mich mit grossem Schmerz. Beim Klettern am Fels löst sich die Halterung, die Kamera stürzt 15m in die Tiefe und zerspringt in mehrere Teile. Umso mehr brennen sich die Bilder von nun an in mein Hirn. Und dann passiert es doch, allerdings nicht ganz unerwartet: während wir am Abend des letzten Drehtages im Sonnenuntergang direkt an der




Gletscherkante arbeiten, macht sich aufgrund des eisigen Anblicks Ehrfurcht breit. Und irgendwie will sich keiner mehr bewegen. Wir haben uns angenähert und sind angekommen. Touchdown.

Position:Torres del Paine,Chile

Mittwoch, 16. Januar 2013

Sternengucker




Etwas skurril kommt der kleine Mann schon daher, wie er uns am Paranal-Observatorium in der Atacama-Wüste in Empfang nimmt. Allerdings passt er ins Gesamtbild: gute zwei Stunden entfernt von Antofogasta liegt diese durch und durch außergewöhnliche Anlage, an einem der trockensten Plätze unseres Planeten. Etwa 150 Wissenschaftler aus aller Welt arbeiten ständig auf dem Berg, die ruhigen Luftströmungen und die extreme Trockenheit bieten ideale Bedingungen für die Astronomie. Und so ist die Hauptattraktion


auch ganz klar das VLT - das Very Large Telescope. So phantasielos die Namensgebung, so spektakulär ist dagegen die Szenerie. Das Großteleskop besteht aus vier Einzelteleskopen, deren Spiegel zusammengeschaltet werden können. Wie das geht? Keine Ahnung. Was das heißt? Nun ja, wenn die Astronauten der Internationalen Raumstation so ein Teleskop zur Verfügung hätten, könnten sie von da oben die Tageszeitung mitlesen. Und vielleicht würden sie dann ganz Ende, auf die Mitteilung stoßen, dass Dirk und ich über den Zeitraum der vergangenen vier Jahre mittlerweile ein ganzes Jahr miteinander verbracht haben - einjähriges sozusagen. Zur Feier des Tages lassen wir uns dann auch nicht lumpen und geben vor einzigartiger Kulisse Luftgitarrenakrobatik zum Besten.



Montag, 14. Januar 2013

Land, wo die Welt zu Ende ist




Weihnachten und Neujahr sind noch nicht richtig abgearbeitet, da erwartet mich am Frankfurter Flughafen schon das nächste Familientreffen - jedenfalls fühlt es sich so an, als sich das Team von "Terra X - Faszination Erde" beim Check In trifft. Die erste Reise des Jahres 2013 führt uns nach Chile, aber da, wo der Kanzlerkandidat der SPD mehr "Beinfreiheit" von seinen Genossen einfordert, scheitere ich bereits kläglich bei der Platzwahl: 12 Stunden Presswurst, rechts neben mir ein russisches Pärchen mit privatem Alkoholvorrat, deutlich vernehmbaren Deodorant-Defizit und fehlender Sozialkompetenz. Über Sao Paulo geht es weiter nach Santiago de Chile und nach kurzem Aufenthalt sitzen wir in einem Fluggerät auf dem Weg nach Antofogasta. Nach gut 29 Stunden erreichen wir dann endlich unser Hotel im Norden Chiles - auch das allerdings wieder nur eine Zwischenstation; morgen früh geht es bereits weiter Richtung Atacama-Wüste: im Paranal-Observatorium bauen wir dann das erste Mal auf dieser Tour die Kamera auf, ganz im Zeichen der Sterne. Besser aber, wir gewöhnen uns schon mal an das Reisen... Chile ist stolze 4300km lang, da werden wir sicher die ein oder andere Sitzfleisch--Schlacht schlagen.

Position:Avenida Jose Manuel Balmaceda,Antofagasta,Chile