Der Anzug sitzt wie angegossen. Und ich bin froh, dass ich nicht mehr als nötig mit diesem Dreh zu tun habe. Es leuchtet mir einfach nicht ein, warum ich in Flugzeug steigen soll, nur um in 4000m Höhe auszusteigen. Freiwillig. Gut, die Aussicht ist sensationell - zugegeben. Vor allem, wenn der Ausstieg direkt über Efesus erfolgt. Ich entscheide mich aber trotzdem für eine Karriere als Bodenpersonal und stelle mich auf die Startbahn, um das Abheben der kleinen Propellermaschine aus unmittelbarer Nähe zu drehen. Mit 200km/h Fallgeschwindigkeit stürzt sich Dirk in die Tiefe, begleitet von einem Kameramann, der zwei kleine Kameras auf seinem Helm montiert hat. Es ist mal wieder so ein Tag, der eine Menge Fehlerquellen bietet - doch ausgerechnet heute läuft alles glatt. Das Wetter ist erstklassig, die Fallschirmspringer sind sehr routiniert, die Kameratechnik läuft. Und Dirks Fallschirm öffnet sich. Einer zügigen Weiterreise nach Istanbul steht also nichts mehr im Wege. Für den Dreh in der Hagia Sophia wird unser Team massiv aufgestockt. Licht-und Generator-LKWs, Kamerakran und erweiterte Kameratechnik knubbeln sich am Drehort und Kagan, unser Aufnahmeleiter. bekommt fransige Übersetzerlippen. Die Sprachbarriere erschwert die Arbeit, Hände und Füße werden zu wichtigen Kommunikationsinstrumenten.
Überhaupt: die Hauptkirche des Byzantinischen Reiches ist eine Dauerbaustelle und nur der ewigen Teegenuss versprechenden Zunge unseres Aufnahmeleiters verdanken wir die komplette Räumung der riesigen Halle - die Bauarbeiter trollen sich in die Pause. Ruhe kehrt ein und endlich fliegt die Kamera über die Kronleuchter. Apropos fliegen: Ballonfahren, Fallschirmspringen - Perspektivwechsel sind spannend und deshalb darf der Flug über Istanbul nicht fehlen. Ebenso wenig wie der Sicherheitsgurt - die Tür bleibt offen, die Füsse
auf den Kufen und wir heben ab. Von Europa nach Asien in nur 12 Sekunden. Wir fliegen mehrmals über den Bosporus und blicken in erstaunte Gesichter, als wir ganz nah entlang der Brücke fliegen. Wieder einmal spielt das Wetter mit und wir erleben einen perfekten Flug. Dazu zählt übrigens auch, dass nichts und niemand rausgefallen ist - soll ja alles schon vorgekommen sein. Was für ein Abschluss.
Morgen fliegen wir in die Heimat und Ende nächster Woche bereits weiter nach Indien. Fast vier Wochen liegen hinter uns; der Kopf voller Eindrücke - der Akku muss aufgeladen werden. Adventskalender, Weihnachtsmarkt und Kälte - der Pullover liegt parat.