Donnerstag, 20. Juni 2013

Ist der Weg das Ziel?

Fünf Stunden über staubige Pisten, Strassen mit Schlaglöchern, in denen unsere Geländewagen fast verschwinden. Wir verlassen Diego de Suarez in aller Herrgottsfrühe um das letzte Restlicht des Nachmittags für Dreharbeiten zu nutzen und schlagen unsere Zelte in unmittelbarer Nähe der Tsingys auf - einer besonderen Gebirgsgegend im Norden Madagaskars. Uns interessiert in erster Linie die Unterwelt dieser Gesteinsformation, denn Mutter Natur hat sich hier mal wieder etwas ganz besonderes einfallen lassen. Und das wunderbare an diesen Reisen ist, dass wir nicht auf unsere tägliche Portion Ausdauersport verzichten müssen - vor dem Bildernachen kommt die Schweißattacke. Aber: der Weg ist das Ziel. Denn unter dem zackigen Gestein verbirgt sich ein riesiges Höhlensystem.
Das Suchbild mit Kameramann vermittelt einen Eindruck der Größenverhältnisse. Nach dem einstündigen Marsch mit vollem Gepäck über Stock und Stein erreichen wir den Eingang der Grotte und arbeiten uns langsam durch die Dunkelheit Richtung Ziel - der Kathedrale. Das tiefe Schwarz verlangsamt unsere Schritte auf dem weichen Sandboden und plötzlich bemerken wir einen beissenden Gestank - Fledermausmist. Als feinster Staub hängt er in der Luft, dringt in alle Körperöffnungen ein. Und während ich mit halbgeschlossenen Augen durch das Dunkel stolpere bemerke ich die Nutznießer dieser Fäkalberieselung: Kakerlaken. Im Schein der Taschenlampe wuseln sie um uns herum, der Boden der Höhle ist bedeckt mit den Schaben, deren Zirpen sich mit dem Geflatter der Fledermäuse  zu einem einzigartigen Soundmix verwebt. Wer zu lange inmitten der käferähnlichen Insekten stehenbleibt, spürt, wie sie unter dem Hosenbein nach oben krabbeln. Warum habe ich nichts anständiges gelernt? Irgendwie haben es auf einmal alle sehr eilig und nach endlos erscheinenden 50 Metern ist der Spuk glücklicherweise auch schon wieder vorüber. So richtig Zeit zum Durchatmen bleibt nicht, denn im nächsten Moment mündet das Höhlensystem in die überwältigende Kathedrale - eine überdimensionale Grossraumhöhle, durch das löchrige Gestein an der Oberfläche dringt Tageslicht ein und schafft Platz für Ehrfurcht. Was für ein Anblick. Kakerlaken 
und Fledermauskot sind vergessen - andächtig nehmen Helfer und Team Platz, lassen den Ort auf sich wirken. Aber nicht lange. Denn dann beginnt unser Gewusel, immer auf der Suche nach den besten Bildern. Der Weg zurück fällt nach diesem Dreh leichter und erst der Skorpion vor meinem Zelt führt wieder zu einem ordentlichen Maß an Aufregung - ich glaube, ich werde meine Tasche nach der Rückkehr erst einmal im Garten öffnen und genau beobachten, welche possierlichen Tierchen da so zum Vorschein kommen... 
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen